Können wir uns vielleicht darauf einigen: übers Radio / über den Lieblingssender sprachen wir in unserer Jugend mit unseren Altersgenossen - genau so, wie heute von den Kids die Lieblingsvideos via Smartphone weitergeleitet werden? Und wir alten Säcke stellen fest, daß es sich nicht mehr lohnt, über Formatradio miteinander zu sprechen, weil es für uns selbst nichtmal ansatzweise die Bedeutung hat, die Popradio in unserer eigenen Kindheit und Jugend meist hatte? Manche erdulden es noch als nicht für wertvoll (und damit nicht der Rede wert) erachtete Hintergrundbedudelung, andere sind halt allergisch drauf.
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Was haben wir uns ausgetauscht über Radio. Wenn 1987 auf RIAS 2 (= knallharter Pop-Formatfunk) "In 15 Minuten sind die Russen auf dem Kurfürstendamm" lief, war das am kommenden Tag Thema auf dem Schulhof. "Haste aufgenommen?" - "Ja, aber Anfang verpasst..." - "Kann ich trotzdem mit meinem Recorder kommen?" - "Wenn du ein Überspielkabel hast." Wenn dann - 3 Jahre später und mit dem etwas erwachsenerem Bewußtsein eines 16-jährigen - über DT64-Sendungen diskutiert wurde, war das auch intensiv und ich kann mich an viele solche Situationen erinnern. Da ging es dann sowohl um spezielle Wortsendungen als auch um spezielle Musiksendungen.
Dann kam der Kampf um DT64, dadurch war das Programm ohnehin tägliches Thema bei uns. Mit 17 hatten wir das Internat gewechselt, waren zu Gast im Internat der Sportschule. Direkt davor eine Schnellstraße mit Fußgängerbrücke, gegenüber das Sportfeld. Eines Tages hing über den Fahrbahnen stadtauswärts ein großes Transparent zugunsten von DT64 am Geländer. Das tat gut! 2 Tage später war es überhängt mit einem Werbeplakat für irgendwelchen Plunder. Mein Freund und Mitbewohner und ich sahen es nachmittags, als wir aus der Schule kamen, und holten im Internat Messer oder Schere sowie Strick, um das Transparent unter dem anderen hervorzuholen und wieder sichtbar danebenzuhängen. Als wir uns dann bei recht starkem Wind am Transparent zu schaffen machten, erschienen die, die es 2 Tage vorher aufgehängt hatten und waren erfreut, daß schon Hilfe vor Ort war. So etwas hat damals verbunden und hatte für mich eine sehr wichtige psychosoziale Komponente, was mir aber erst 1992 bewußt wurde, als DT64 zerstört wurde und bei mir eine 11 Jahre andauernde Phase schwerer psychosomatischer Probleme begann. Ich habe meine komplette Twen-Zeit letztlich in seelischer Dunkelheit verbracht, habe zumindest diese 11 Jahre als Lebenszeit verloren.
Aber heute ernsthafte Gespräche über Formatfunk? Sorry, wozu denn?