SDR1 oder Südfunk 1 war vor allem eins: Ein ehrliches Programm mit enormer Hörerbindung. Vor allem hat man die Hörer auch ernst genommen, Programmreformen wurden diskutiert, kommuniziert und erklärt. Manches, was sich als Fehler erwies, auch wieder zurückgenommen.
In meinem Elternhaus liefen ja abwechselnd SWF1 und SDR1, seltener die dritten Programme und ab und zu mal Bayern. Dass man auch noch den HR reinbekam, hatte ich erst entdeckt. Interessierte die Elterngeneration aber nicht. Da gab es feste Rituale, dazu gehörte die Nachrichtensendung um 12 Uhr 30 beispielsweise. Noch extremer war es bei einer Generation drüber, in den Stuben bzw. der Wohnküche der Großeltern durfte "Sie wischen - wir spülen" und "UAWG" nie verpasst werden. Auc h dort wurde, wenn sie beim Südfunk zwischendurch "dr Babbeler" hatten, zum Südwestfunk rübergeschaltet.
Ich kann mich noch an die grosse Programmreform des Südfunks Mitte der 80er (1986?) erinnern. Da hielten sog. "Jingles" oder "Signete", wie es der Südfunk zunächst nannte, Einzug, und zwar in gesungener Form, auch bei Südfunk 1. Sogar Musikbetten unter den Verkehrshinweisen hatte man ganz kurzzeitig mal eingeführt, dann aber nach scharfen Protesten rasch wieder rausgenommen. Die gesungenen Jingles hat man dann in einer kleinen Re-Reform (um 1988) wieder durch instrumentale Signete ersetzt, nachdem sie bei den Hörern nicht auf Gegenliebe gestoßen waren. Eigentlich klang Südfunk 1 nach dieser Reform streckenweise, im damaligen Vergleich, recht modern. Nach 1988 dann eine Spur "altbackener", auch die Musik wurde in diese Zeit immer volkstümlicher, bis dann 1991 S4 startete. Auch dann wurde aber die Musikausrichtung nicht radikal geändert, sondern sehr behutsam, um den Hörern Zeit zu geben, ins vierte Programm zu wechseln. Der SWF war da schon etwas radikaler und schon früher "durchformatiert". So wie in den 90ern hätte SDR1 aus meiner heutigen Sicht bleiben sollen. Mit ausführlichen Informationsangeboten (unerreicht und schmerzlich fehlend: Heute im Gespräch!) zu den Randzeiten, gehobener Unterhaltung dazwischen und Spezialsendungen am Abend und am Wochenende. Wäre mir weitaus lieber als das oftmals beliebige SWR1.
Das einzige, war mir beim SDR nie gefiel, war die Verschlossenheit am Funkhaus selbst. Da wurde man am Tor und auch am Telefon als Jungspund sehr unhöflich abserviert und Führungen gab es gar nur für Erwachsene. Ich weiss noch, wie ich mich mit eigener Methode in die Redaktionen und Studios durchtelefonierte (Stammnummer und dann versch. Endungen durchprobieren), damit ich an dem Drachen in der Vermittlung vorbeikam. Deshalb fand ich ab 1987 grossen Gefallen an den Lokalsendern, die waren da "offener" und persönlicher.