Einfach physikalisch voll aussteuern + reserve und dann die Summe loudness normalisieren.
Das würde alles so einfach machen.
Was würde das denn an den derzeitig im Hörfunk schlecht ausgesteuerten Sendewegen (keine gehörrichtige Ausgewogenheit zwischen Moderation, Musik, Telefongesprächen, Werbung, Nachrichten, Jingles) verändern, die ja bis auf die abschlißende Loudnessnormalisierung genau so zustande kommen? Schließlich werkeln in denen doch auch jetzt schon verschiedenste Zauberkästen die versprechen, dies zu verhindern. Was Du vorschlägst würde also maximal ermöglichen, dass das Umschalten zwischen Sendern weniger Loudnessjumps mit sich brächte, sofern man sich auf dasselbe Ziel einigen würde, was Du ja andererseits ausschließt. Und wieso eigentlich kann man sich nicht einigen, man muss es nur machen, im Fernsehen hat es nahezu weltweit ebenso funktioniert! Also die nervigen Unterschiede im Programm würden bleiben, so dass der eigentliche Ansatz der R-128 (Audio nicht mehr nach Spitzenwerten sondern Loudness zu bewerten) unerfüllt bliebe.
Und natürlich bieten die verschiedenen Hersteller von Audioprozessoren inzwischen R-128 Presets an, sonst bräche ihnen ja auch der Markt weg. Nur dass das nachträgliche Herumschrauben an Summensignalen noch immer fraglich bleibt, vor allem wenn bei FM immer über die pegelmäßige Maximalaussteuerung der Strecke gesprochen wird. Denn dann wird ja wieder nachgeschoben, sobald die Amplitude vermeintlich zu gering ist. Und damit wird die vom Mixing Engineer angestrebte Klang- und Loudnessstruktur also weiterhin verändert, im Zweifelsfall dann eben neuerdings
immer und zu jedem Moment auf
maximal angestrebte Loudness. Und eben das soll die R-128 je vermeiden, da sie den Produzierenden ja genau die bewusste Entscheidung über laut und leise in einem Stück übergibt.
Auch glaube ich, dass Du immer nur von moderner Popmusik ausgehst. Diese zeichnet sich allerdings dadurch aus, dass es kaum noch Unterschiede zwischen laut und leise innerhalb eines Stückes gibt, so liegt die Loudnessdifferenz zwischen Strophe (leiser) und Refrain (lauter) zum Beispiel bei 3-4LU, während die Spitzenpegel (auf CD) bei beidem zum Beispiel die selben Werte (also ggf. +2dBTP) erreichen, also gar keine Differenz aufweisen. Wir wollen bei der Gesamtbetrachtung doch aber alles Audiomaterial erfassen. Und das sind neben der Pop- und Rockmusik eben auch Hörspiele, Klassikaufnahmen, Spielfilme, Sportübertragungen, Talkshows, etc., etc. pp
Zum Thema FM nochmal. Ich kenne übrigens Pegelauswertungen eines erfolgreichen Heimat- und Schlagersenders, dessen Titel (durch vorherige RMS Bewertung) mit durchschnittlich -21LUFS und dann ggf. -14dBTP auf Sendung gehen. Durch die kluge Entscheidung der Wellenleitung finden hier für FM lediglich eine Spitzenwertbegrenzung, eine ganz leichte Gesamtkompression und keinerlei dynamische (im Sinne von sich verändernd) Beeinflussung statt. Wenn ich diesen Sender bei mir im Auto mit dichtgepressten Popwellen vergleiche, in denen AGCs permanent versuchen das Maximum des Machbaren zu erreichen, höre ich keinen RIESIGEN Unterschied in der erzielbaren (weil MPX limitierten) Loudness. Allerdings gebe ich zu, dass mir die Peter Alexander Nummer mit witzigem Arrangement ggf. besser gefällt, als das Geplärre von Pink, obwohl ich näher an deren Zielgruppe bin.
Und wer mal hören möchte, wie sich das anhört, wenn man im TV versucht die R-128 erst im Sendeweg zu erfüllen, anstatt das Material vorher zu normalisieren, dem sei zum Beispiel DMAX empfohlen. Sicherlich geht das den ganzen Tag so, aber ich hätte einen speziellen Programmtip, weil ich die Serie mag. Vormittags zwischen 10:15 und 12:15 laufen dort die "Mythbusters". Man kann nun Folgendes im Verlauf der Sendestrecke erleben, da die Serie ja durch Eigentrailer und Werbung unterbrochen ist. Die Serie ist offensichtlich lauter als -23 LUFS produziert und wurde von den technischen Verantwortlichen auch nicht nach R-128 normalisiert, denn man hat ja in der Sendekontrolle so einen tollen Prozessor mit R-128 Preset. Der regelt dann auch immer schön. Das führt dazu, dass am Break "Mythbusters" - "Eigentrailer DMAX" der Trailer (offensichtlich nach R-128 produziert/normalisiert) anfangs deutlich leiser ist und in seinem Verlauf lauter wird. Dieser Regelvorgang dauert ungefähr 15 Sekunden, wodurch der Übergang Eigentrailer - Werbung (offensichtlich nach R-128 produziert/normalisiert) dann auch schon deutlich durchhörbarer ist, sofern der Trailer für die Regelzeit der AGC lang genug war. Die folgende Aneinanderreihung von Werbung und Trailern ist durchhörbar, bis dann wieder die Serie kommt. Hier gibt es erstmal wieder einen Loudnessjump (gefühlte 5-6LU?) nach oben, bis die AGC anerkennt, dass jetzt offensichtlich wieder etwas durchschnittlich wesentlich Lauteres kommt. Also regelt sie wieder gaaanz langsam (soll ja Niemand merken
) herunter, bis zum nächsten Trailer. Auch hier wird die Langzeitmessung der Kollegen perfekte -23LUFS/0LU anzeigen, allerdings müssen die Zuschauer weiterhin mit Loudnessjumps an den Übergängen und merkwürdigen Regelvorgängen leben. Die Lösung hierfür: einfach die Serie statisch um die 5-6dB (müsste mittels I-Messung ermittelt werden) beim Ingest oder Playout absenken, fertig ist der Lack! Vielleicht macht sich ja Jemand mal die Mühe, das Ganze aufzuzeichnen und mit verschiedenen Messgeräten zu bewerten (mir reicht was ich höre), auf dem True Peak Meter wird man ganz bestimmt sehen, wie das Pegel Maximum an den beschriebenen Stellen auf wundersame Weise runter- bzw. hochwandert. Solche Dinge hört man leider derzeit viel, und zwar immer dann wenn versucht wird, die R-128 erst am Ende zu erfüllen und nicht am Anfang. Viel schlimmer ist solch Regelverhalten beispielsweise in Spielfilmen, wenn lautere Actionszenen heruntergeregelt werden und ein direkt danach folgender Dialog, eigentlich in normaler Lautstärke gemischt, durch die AGC noch im Keller hängt und kaum zu verstehen ist. Aber auch hier steht auf dem Messinstrument am Ende bestimmt 0LU, aber
Audioproduktion hat in erster Linie mit Hören zu tun, und wahrscheinlich ist das das größte Missverständnis, um die Verbindung zum Thema dieses Threads wieder herzustellen.
Beste Grüße