AW: Welches Studiomikrofon?
*versucht,möglichst indifferenziert umherzublicken während man sich im Thread anknabbert*
Jaaaa... also...
Hallo erstmal.
Als Nebenbei-Betreuer einiger "low budget" Projekte möchte ich kurz die Frage einwerfen:
"Kann man den Preis eines Mikros hören?"
Oha, Stoff für Grundsatzdiskussionen, daher schnell eine Erläuterung.
Anekdote 1: Bekannter kauft sich einen "Sportluftfilter" für seinen Kleinwagen, baut den ein, und würgt sofort beim Starten den Motor ab. Oha, diese teuer erkaufte Mehrleistung merkt man sofort, war sein Gedanke, als er mir voller Stolz davon erzählte. Und, was am Motor geändert seitdem? Nö, er sprang ab dem 2. Mal einwandfrei an...
Anekdote 2: Gleicher Bekannter kauft sich Großmembraner für sein Web-Diehdschäy-Projekt. Angeschlossen, krawumms, mich angerufen, soll kommen durchmessen, klingt wie kaputt. Komme, kucke Verkabelung, Regler hoch,
sieben Wörter kostenfrei eingesprochen... Klang ok.
Ah, jetzt gehts, was haste gemacht, Alter? Nix... Einfach nur der Psychologie des Menschen auf die Schliche gekommen... Wenn es neu ist und "was gekostet" hat, drückt man eben unterbewußt mehr "drauf".
Was will ich damit sagen? Nun, für ein Heimstudio muß es sicher kein Großmembraner sein. Die Biester nehmen nun mal "leider" sehr getreu sämtliche Nebengeräusche der NachbarInnen, der Müllautos und der Klospülung mit auf. Das sollen sie ja auch. Also warum anschließend noch teure Technik dahinterhängen, die diesen "Mehrwert" wieder ausfiltert?
Für ein Projektstudio, bei dem es hauptsächlich auf verständlich und "schön" rübergebrachte Sprache ankommt, würde ich mittlerweile immer einen Dynamiker empfehlen, einfach weil man sich die gutmütigen Charaktereigenschaften wunderbär zu Nutze machen kann. Kein Rauschen (meistens), es wird nur die Klangblase direkt davor aufgenommen, Muttis Küchengeräusche bleiben draußen.
"Großen" Klang bekommt man immer noch über einen günstigen Kompressor und vielleicht noch den einen oder anderen Effekt hin.
Und nicht vergessen: Das Sprechen an sich ist das Ziel. Die Stimme. Nicht die Technik. Der geneigte Hörer denkt sicher nicht,
wow, die Frequenzkurve hat es voll drauf, sondern freut sich, wenn der Klang nicht vom transportierten Wort ablenkt.
Um zu den beiden Beispielen am Anfang zurückzukommen: Ein "gutes" Mikro hört man vor allem dann, wenn der Techniker es beherrscht. Es ist schietegal, welche Marke draufsteht, es muß "passen". Und doch kommt es immer wieder vor, daß Leute das erste Mal vor "Markenware" unbewußt ganz anders reden als vor einem Thomännchen oder fame. Ganz einfach aus Ehrfurcht.
Und so hört man den Preis eben manchmal doch.
Fazit: Für das gute Gefühl lohnt es sich durchaus, z.B. in ein gut(mütig)es Sennheiser 835, ein Rode M1 oder so zu investieren, daß sich meist wunderbar mit "Heim"(Kind...)-Mixern verträgt. Das ist in solchen Fällen meist meine Empfehlung. Gerade wenn man andere Leute im Studio hat, "hört" man bei denen, ob sie dem Mike unbewußt mißtrauen oder auf Grund des aufgedruckten Namens mit etwas Stolz hineinsprechen. Und dieses Plus in der Produktionsarbeit ist meiner Meinung nach den kleinen Aufpreis wert.
Um mir abschließend gleich selbst zu widersprechen, damit es niemand anderes tun muß: Ich habe für kleinere "Notfälle" wie Korrekturen, Ergänzungen an bestehendem Material zwei Mikros zu Hause am Schreibtisch zu hängen: Ein Rode NT1-A Großmebraner und das Sennheiser E835, beide vor einer Pyramidenfläche von ca. 2 m² neben einem Fenster. Damit kann ich je nach Mix so ziemlich jede "nötige" Klangumgebung / Klangfärbung ausreichend nachstellen, um z.B. vermurkste Interviewfragen nachzustellen. Muß halt jeder für sich...