Wozu braucht ein Radiosender ein klares Format (und damit eine klare Zielgruppe)? Weil die Werbekunden wissen wollen, wer ihre Spots hört und sie Streuverluste gering halten wollen. Wenn also der örtliche Autohändler oder die deutschlandweite Fast-Food-Kette die Zielgruppe "junge Familie" ansprechen will, findet ihr Werbespot in der Volksmusiksendung wenig Gehör. Für den Autohändler, der direkt beim Sender bucht, ein geringeres Problem, der sucht sich die Sendezeiten raus. Schwieriger wird es durch die Kombivermarktung. Wenn in einer Kombi ein Sender sonntagvormittags Volksmusik spielt, der nächste Jazz, ein weiterer eine Talksendung veranstaltet und der vierte Rockmusik auf die Antenne bringt, ist eine Vermarktung nicht mehr möglich. Dies ist der Hauptgrund für den "Einheitsbrei", den wir tagein, tagaus hören. Horizontale Programmierung nennt sich das. Ist mittlerweile leider auch im Fernsehen angekommen. Jeden Tag derselbe langweilige Kram zur selben Zeit.
Aber ohne Werbeerlöse kannst Du halt Deine Kosten nicht begleichen. Und jene sind gerade bei einem aufwändigen Programm (Stichwort moderierte Nachtsendung) nicht zu unterschätzen. Die Regional- und Lokalsender hätten sich von Anfang an viel mehr um Vermarktung kümmern müssen. Studien zeigten, dass die Lokalsender dort in den Anfangsjahren weit unter ihren Möglichkeiten gearbeitet haben. Kreativität war selten zu finden. Es hat an Erfahrung gefehlt und Leuten, die es konnten und Ideen hatten. Es gab ja abseits der öffentlich-rechtlichen Programme keine Radiomacher. Und die bekam man nur selten (wenige Ausnahmen wie Günter Freund bestätigten die Regel), zumindest nicht die Guten. Denn die blieben lieber am sicheren Fressnapf. Den redaktionellen Teil bestritten meist Zeitungsjournalisten (was man hörte), die Werbung akquirierten und gestalteten ebenfalls Leute oder Agenturen, die bislang noch keine Radiospots produziert hatten (für wen auch?), was man ebenfalls hörte. Und am Mikro saßen Leute, die vorher noch keines in der Hand hatten und wenn, dann höchstens auf Veranstaltungen oder in einer Disko. Auch das hörte man. Dann kamen die Berater mit ihren Weisheiten aus Holland oder den USA...das Ergebnis hören wir heute. Oder haben längst abgeschaltet.
Ach ja, die moderierten Nachtsendungen. Die gab es anfangs aus zwei Gründen: Die erste hieß "Ari-Kennung". Die gab es nur, wenn 24h gewährleistet werden konnte, dass auch jederzeit Warnmeldungen unverzüglich on air gehen konnten. Die zweite fehlende störungsfreie Alternative. Mir ist da noch ein hängengebliebener CD-Wechseler im Ohr, der bei einem Lokalradio für Dauerstakkato bis zum nächsten Morgen sorgte (klang fast wie NL-Gabber-Techno
) Und Bandmaschinen machten auch Ärger, zumal es zig Endlosbänder brauchte, damit den Hörern die Wiederholungen nicht zu sehr auffielen. Also setzte man halt jemanden hin, der ein bissi DJ machte. Und der (selten die) durfte dann nachts machen, wie er lustich war. Hörten ja eh nicht viele zu, Werbung lief nachts meist eh keine und wenn, dann nur für TimeLife-Sampler.