AW: Mikrofon - Signalbearbeitung
Also blechern klingt schon mal nichts. Das war auch eigentlich nicht zu erwarten. Das hätte bedeutet, dass entweder das Mikrofon selbst einen Defekt hätte oder anderweitig elektrisch etwas unpassend liefe. Aber vielleicht erstmal etwas grundsätzliches. Mit
Mal ist der Sound vom Mic zu leise (weil zu weit weg) und die Musik ist dann "dominierender"....die Stimme geht "teils" unter bei Musik-Beds. Und mal ist die Stimme zu "Pop-lastig"...und es hört sich unschön an.
zeigst du, dass du das grundsätzliche "Problem" erkannt hast, aber dir wohl nicht bewusst ist, dass es sich um ein grundsätzliches Problem handelt.
Zum ersten ist es so, dass ein dynamisches Mikrofon ein äußerst schwaches Signal liefert. Das liegt einfach in seinem Wandlerprinzip begründet und deshalb erfordern solche Mikrofone einen Verstärker, der das Signal mühelos, also ohne angestrengt zu klingen und zu rauschen wie die Ostsee aufholt. Dass du dabei den Gainregler deines Mixers (EQ auf 0!) fast auf den rechten Anschlag legen musst, um Linepegel am Ausgang zu erhalten, ist also normal.
Bei +40 dB hast du dort also noch jede Menge Reserve, die du auch benutzen musst, denn das aufgezeichnete Signal in deiner Hörprobe ist VIEL zu leise.
Was mit dem leisen Signal von dynamischen Mikrofonen und dem daraus resultierenden Zwang, den Gainregler soweit Richtung Anschlag drehen zu müssen, einher geht, ist der ganz normale Hang dazu, das Mikrofon unmittelbar, also näher als nah zu besprechen. Davon musst du aus mehreren Gründen UNBEDINGT lassen.
Grund eins sind die unweigerlichen Popgeräusche. Dagegen hilft aus der unsägliche 100-Hz-Hochpass nichts.
Grund zwei ist die damit verbundene Feuchtigkeit, die man dem Schallwandler durch so eine Art der Besprechung zumutet. Über kurz oder lang verkeimen Gitter und Schaumstoff in der Einsprechöffnung, die Membran des Mikrofons beschlägt und man versaut das gesamte Mikrofon damit.
Grund drei ist das, was man als den sogenannten Nahbesprechungseffekt bezeichnet. Dieser äußert sich vorwiegend in einer drastischen Anhebung (oder vielmehr lästigen Aufdickung) im Bassbereich, die den natürlichen Stimmklang vollkommen entstellt. SO klingt einfach kein Mensch in deiner Umgebung, aber lass dir mal zum Vergleich jemanden direkt in eines deiner Ohren sprechen. Wetten, dass du so niemandem lange zuhören möchtest?
Unterm Strich sind also knapp 15 cm das absolute Minimum, dass du als Sprechabstand brauchst, die sich aber bei Verwendung eines Popscreens letztlich ohnehin einstellen. Neben der Vermeidung der unmittelbaren Nahbesprechung löst der Popscreen auch noch weitere Probleme:
1. bleibt in ihm unvermeidbar feuchte Aussprache hängen (s.o.)
2. ist er für die Schallwellen fast völlig transparent, sorgt aber für eine dramatische Dämpfung des Luftstromes, der bei Explosiv- und Reibelauten entsteht.
Ein weiterer Punkt, der ein grundsätzliches Problem darstellt:
Die Lautheit der Stimme.
Ja, Lautheit, nicht Lautstärke! - Das sind nämlich zwei ganz verschiedene Sachen. Ich versuche, das oberflächlich und kurz mit einem Beispiel zu erklären.
Nimm eine Pop-CD, spiele sie ab und steuere so aus, dass du zum Beispiel am Rechner mit den Spitzen auf -2 dBfs kommst. Dann stopst du die Wiedergabe und steuerst deinen Mikrofonkanal so aus, dass du - ohne Filter und EQ - ebenfalls mit den Spitzen die -2 dBfs erreichst. Laut Peakmeter am Rechner hätten dann beide die gleiche Lautstärke. Elektrisch ist das auch so, aber wenn du dir die Aufzeichnung anhörst, hast du unweigerlich den Eindruck, als könne sich deine Stimme gegen die Musik einfach nicht durchsetzen. Dabei handelt es sich um eine Lautheitsdifferenz. Diese hat mehrere Ursachen, das lasse ich jetzt aber weg.
Auch dabei handelt es sich um ein grundsätzliches, völlig natürliches Problem, das unabhängig vom Sprecher und vom Mikrofon besteht.
Dem kann man nun auf zwei Arten begegnen:
Entweder, man lebt damit, den Mikrofonkanal so auszusteuern, dass er (digital) Vollausteuerung erreicht und fährt die Musik entsprechend leiser (über den Daumen -6 dB). Dann entsteht ein gleich lauter Höreindruck. Oder man reduziert die Dynamik des Sprachsignals.
Letzteres ist das Ergebnis eines Kompressors. Elektrisch macht er nichts anderes, als Lautes leiser zu machen und Leises zu belassen. Er reduziert also den Unterschied zwischen laut und leise, also das, was man Dynamik(umfang) nennt.
Was er nicht tut, und von derartigen Gedanken und frommen Wünschen musst du dich verabschieden: Er wummert keinen Bass irgendwo hinzu, wo keiner ist!
Und damit komme ich zum letzten Punkt, der mir im konkreten Bezug zu dir und deiner Stimme sehr wichtig erscheint.
Deine Stimmlage musst du akzeptieren, wie sie ist. Wenn man keinen Bass spricht, spricht man keinen Bass und dann kann man auch nicht aus dem Radio donnern wie Gunter Emmerlich oder was weiß ich wer. Da hilft es auch nichts, per Nahbesprechung des Mikrofons nachzuhelfen und die Tiefen aufzudrehen. Damit versaut man sich lediglich die natürliche Präsenz seiner eigentlichen Stimme, sammelt Unmengen unangenehmer Nebengeräusche ein und macht sich bestenfalls bei Übertreibung noch lächerlich.
Im Radio seriös, gemütlich und warm zu klingen schafft auch ein Tenor, das ist mehr Sache von innerer Einstellung und Haltung. So schlecht ist deine Stimme auch überhaupt nicht und es klingt, wie oben schon gesagt, auch gar nicht blechern. Es war schlicht viel zu leise und das Mikrofon viel zu nah besprochen. Der Rest ist Sache der Einstellungen der Audiokette und das Mikrofonsignal extern zu bearbeiten ist sicher auch nicht die schlechteste Idee.
Dazu braucht es freilich keinen Yellowtec, Mindprint oder sonst überzogene Hardware, aber ein einfacher Verstärker tut es genausowenig. Ein gangbarer Weg läge zum Beispiel in einem sog. Channelstrip wie dem
dbx 286s oder einem Gerät eines anderen Herstellers mit vergleichbarer Funktionalität und Qualität. Damit ist eine in den wesentlichen Punkten umfassende Aufbereitung des Mikrofonsignals möglich und heraus kommt ein Line-Signal, das danach auch den Mixer nicht mehr vor unlösbare Aufgaben stellt.