AW: Grundsatzproblem: Dynamik-Prozessor vs. AGC
Was meint ihr? Macht diese Kette für die Anwendung Sinn oder empfehlt ihr eher was anderes?
Ich empfehle, die großzügige Anwendung eines eigenen Soundprocessings während der Vorproduktion nochmal zu überdenken.
Grundsätzlich sollte das Ausgangsmaterial immer ordentlich ausgesteuert sein, also in den Spitzen 0dB (+/- Toleranz, eher etwas weniger) haben. Wenn man die Sendung von Hand vorproduziert, erreicht man das durch den Einsatz von Gain-Reglern und dem im Mischpult verbauten Peakmeter. Sprich: vorhören, Gain einstellen, und Pegel im Auge behalten. Radiomachen ist Handwerk, und ein Soundprozessor ist kein Wunderheilmittel gegen mangelnde handwerkliche Fähigkeiten.
Da die menschliche Stimme von Haus aus einen großen, evtl. ungewollten Dynamikumfang hat, bietet es sich an, einen Kompressor+Limiter in den Mikrofonweg einzuschleifen, um den Dynamikumfang den heute üblichen Musik-Produktionen anzupassen
Um dich vor digitalen Übersteuerungen beim Aufnahmen zu schützen, ist der Einsatz eines Limiters hinter deinem Pult sicherlich sinnvoll, wenn auch kein Muss, sofern man obige Hinweise bezüglich des Pegels beherzigt.
Was dann noch bleibt, sind Dynamikunterschiede innerhalb des Materials. Meine Meinung dazu:
1. Die können vom Produzenten durchaus so gewollt sein. Nicht alles muss auf einen schmalen 6dB-Dynamikschlauch zusammenkomprimiert werden. Also nicht übertreiben, nur damit es möglichst "fett" klingt. Machen leider viele Brüll-Radios so, aber jeder sollte sich fragen, ob er bei dem Wahn mitmachen will.
2. Um eine radiotaugliche Kompression kümmert sich ja noch immer euer Omnia, oder? Und der sollte sinnvollerweise so eingestellt sein, dass er auch bei unkomprimiertem Ausgangsmaterial einen ordentlichen Klang macht. Du bist ja vermutlich nicht der einzige, der Sendungen für den Sender produziert, und nicht jeder hat so eine Processingkette zuhause rumstehen. Außerdem: Wenn deine aufgenommene Sendung dann zuhause auf der Anlage super fett klingt, was passiert, wenn dann der Omnia nochmal zuschlägt? Da kann auch schnell einiges kaputtgehen.
Mein Tipp also:
1. Produziere deine Sendungen so vor, dass sie ordentlich ausgesteuert sind.
2. Trag diese Botschaft auch zu den anderen Moderatoren bei euch im Sender. Eine ordentliche Aussteuerung ist der Garant für guten Sound.
3. Verzichte bei deinen Vorproduktionen auf jegliche Dynamikkompression.
4. Stelle sicher, dass der Omnia so eingestellt ist oder wird, dass ein ordenlich aber nicht übertrieben komprimierter Klang rauskommt.
Schon habt ihr einen schön klingenden Sender, und zwar nicht nur bei deinen Sendungen, sondern auch bei allen anderen.
Zum Schluss des langen Beitrages noch ein weiterer Tipp: Beim terrestrischen Radio, das häufig in lauten Umgebungen (Auto, ...) gehört wird, stellt man ganz andere Anforderungen an die Dynamik als beispielsweise bei einem Webradio, das der Hörer auf der heimischen Anlage hört, so wie sonst CDs oder MP3s. Es bietet sich deshalb an, für den letztgenannten Vertriebsweg ein eigenes Processing einzurichten, das etwas entspannter mit dem Thema Kompression umgeht.
yps