Wie war das alte RTL Radio?

Mich würde interessieren, was für ein Mixmusik von dem "alten" Radio Luxemburg tatsächlich
versendet wurde. Wie lässt sich der definieren? Wurde neben Popmusik, Schlager, Easy Listening
auch Volkstümliches gebracht? Mir scheint, dass diesbezüglich im Nachhinein alles glorifiziert wird, was
heute keinen Bestand mehr haben würde und keine Chance mehr in der Radiowelt hätte.
 
Es gab auch spezielle Sendungen für die Freunde der Volksmusik, ja.
Es gab ebenso spezielle Sendungen für Frühaufsteher, für Hausfrauen, für Schüler und Studenten, für Rätselfüchse, für Hitparadenmitschreiber, für Rockinteressierte und Schlagerfans.
All das spielte sich zu einer Zeit ab, als bei den öffentlich-rechtlichen Sendern jeder Moderator automatisch einen Stock im Hintern hatte, sobald das Rotlicht anging und schief angesehen wurde, wenn er statt "Guten Abend" nur "'Hallo zusammen" sagte. Nachrichten hatten mindestens 10 Minuten lang zu sein, schnarchig und bräsig, der Wind kam aus "Süd-e-Süd-e-Ooooost, abflauend" und alles zusammen hatte meist den Charme einer alten Holzzimmerdecke. Natürlich hat man dann an das RTL-Programm die buntesten Erinnerungen, es war spannend, neu, aufregend und lustig. Und während die Behörden noch die Stückpreise für Schweinehälften und die Stände des mittleren Hochwassers kundtaten, lief auf RTL schon wieder Musik.

Selbstverständlich würde diese Art von Programm so heute nicht mehr funktionieren, aber zu seiner Zeit hat es genau den Nerv getroffen. Eine Zeit übrigens, in der tödlich langweilige Nicht-Personalities bar jeden Charismas zu Radio-Ikonen werden konnten, weil es niemanden sonst im Radio gab (Ausnahmetalente wie z.B. Werner Reinke o.a. natürlich ausgenommen). ;)
 
Das Medium "Radio" hatte zu Zeiten vom alten Radio Luxemburg eine ganz andere Bedeutung als heute. Ich bin in den 60er-Jahren aufgewachsen. Gegen Mitte/Ende dieses Jahrzehnts wollte die junge Generation z.B. die Beatles oder Stones etc. hören. In der damals ausschließlich öffentlich-rechtlich geprägten, deutschen Radiolandschaft lief so etwas nicht. Das war toternster Rundfunk, gerade an Sonn- und Feiertagen, gruselig. Der damalige SWF bzw. ein Redakteur namens Walther Krause bekam gegen 1968 die Erlaubnis für eine Sendung am Samstagabend mit dem Namen "Stars und Hits". In dieser liefen neben deutschen Schlagern aktuelle Rock- und Pophits aus GB und den USA. Der Erfolg dieser Sendung war so groß, dass sich 1970 daraus der Vorgänger von SWF 3, das Jugendmagazin "Pop Shop" auf einer eigenen UKW-Frequenz entwickelte.

Radio Luxemburg kam eben schon früher auf die Idee, das junge Hörerpublikum anzusprechen.
 
Wer waren für Dich denn jene Ikonen ohne Charisma?
Namentlich möchte ich hier, Jahrzente später, niemanden an den Pranger stellen. Also drehe ich es einfach mal um und nennen die beim Namen, die mich persönlich für Dinge/Musik/Themen interessieren konnten, mit denen ich mich sonst wohl nicht beschäftigt hätte. Dazu zählten beim HR Werner Reinke, Martin Hecht, Thomas Koschwitz, Wolfgang Hellmann, Jörg Eckrich, Volker Rebell und der (immer etwas spröde aber bestens vorbereitete) Helge Heckmann. Da ich damals hauptsächlich mit dem NDR und HR groß geworden bin (und eben auch mit Radio Luxemburg/208), hatte ich ganz gute Vergleichsmöglichkeiten. Und damit sind wir dann, abzüglich Carlo von Tiedemann und Willem, automatisch bei den Ikonen mancheiners Jugend, die außer einer brummeligen Stimme und "das war, jetzt kommt" nicht viel anzubieten hatten. RTL spielte alles kreuz und quer und unterhielt mit viel Mutterwitz, Spontanität und Schlagfertigkeit. Der HR hatte kompetente, aber trotzdem lockere Moderatoren mit Musikverstand anzubieten, die auch mal bissige Bemerkungen zum Musikprogramm machen durften. Beim NDR brummte man so vor sich hin und machte, bis auf die wenigen Ausnahmen, Dienst nach Vorschrift. Bekannt und berühmt wurde man im Norden automatisch, wenn man Hitparaden ansagte oder Hörerwünsche erfüllte. Wenn es unbedingt 'unterhaltsam' sein sollte, spielte man eben was von Loriot oder Otto oder so einen schreien komischen Rülpsjingle, hahaha. Dafür hätten sie sich in Frankfurt wohl in Grund und Boden geschämt. Und bei Radio Luxemburg hätten sie die Zeit lieber genutzt, um schnell eine Tchibo-Kaffee-Werbung vorzulesen; nicht unbedingt die schlechtere Wahl.
 
Okay, den NDR konnte ich erst empfangen, als wir eine Sat-Anlage hatten (1993). Ich bin mit SWF und SDR aufgewachsen, zeitweise auch mal Luxemburg gehört oder mal beim HR und BR rein. Später dann die ganzen Privatsender im Süden und Südwesten.
 
und die Stände des mittleren Hochwassers kundtaten

wobei diese in einer Zeit, in der man den Begriff "online" noch nicht kannte und das Satellitenwesen noch in den Kinderschuhen steckte für bestimmte Berufsgruppen wie Seeschifffahrt oder Hochseefischerei unentbehrliche Informationen darstellten. An der deutschen Bucht haben das NDR und Radio Bremen über UKW besorgt, auf hoher See oder am anderen Ende der Welt war man auf Lang- Mittel oder Kurzwelle angewisen. Genauso wie die Seewetterberichte, die sich immer so lustig anhörten und wo sich ein Landei niemals vorstellen konnte, dass es Menschen wie Schiffslotsen, Schleusenwärter etc., gibt, die diesen Informationen aufmerksam lauschten und fleissig in ihre Seekarten eintrugen. Wenn da der Maschinist bei so einer Sendung mal auf die Brücke hochgekommen wäre und nach dem Motto "Was hört ihr denn für nen langweiligen S****?" einfach mal Radio Luxemburg reingedreht hätte, wäre das wohl nicht so gut gekommen.
 
Wer hatte damals schon den Mut, einen Radio-Platz für Politiker -zumal an einem Sonntagabend- ins Programm einzupflegen? RTL war in den 80er-Jahren (ab '83 oder '84) wohl die einzige Hörfunk-Station im deutschsprachigen Raum, die einem politischen Gespräch gut 50 Minuten einräumte. "NACHGEFRAGT", mit Geert Müller-Gerbes und Alfred Gertler ging sonntags von 18.00 bis 19.00 Uhr auf Sendung.
 
Mit Verlaub, das ist aber ganz schöner Quark. Das sich irgendwelche Politiker über viele lange Minuten ausufernd artikulieren durften, war in den 80ern doch normal im Radio. Das Müller-Gerbes' Sendung die einzige war, erlaube ich mir mal erheblich anzuzweifeln. Man könnte eher andersherum fragen, welcher Sender es sich heute noch traut, Politikern über einen Zeitraum der länger als 1,30 min ist, auf den Zahn zu fühlen.
 
Mit Verlaub, das ist aber ganz schöner Quark. Das sich irgendwelche Politiker über viele lange Minuten ausufernd artikulieren durften, war in den 80ern doch normal im Radio. Das Müller-Gerbes' Sendung die einzige war, erlaube ich mir mal erheblich anzuzweifeln. Man könnte eher andersherum fragen, welcher Sender es sich heute noch traut, Politikern über einen Zeitraum der länger als 1,30 min ist, auf den Zahn zu fühlen.

Auf WDR 5 geht das noch. Da wird im Morgenecho wirklich gute Arbeit geleistet, ordentlich nachgehakt und es wird sich Zeit gelassen. Da dauern die Gespräche wirklich nicht nur 1'30'', sondern doppelt so lange, wenn nicht länger.
 
Radio Luxemburg-Programmschema von 1988

Samstag

05.30 - 09.00 Guten Morgen Deutschland
09.00 - 11.00 Unglaubliche Geschichten, mit Rainer Holbe
11.00 - 13.00 Heimatmelodie, mit Edy Hildebrandt
13.00 - 15.00 Gefragt - gespielt, mit Jörg Ebner
15.00 - 18.00 Sportshop, mit Benno Weber und Ulrike Elfes
18.00 - 19.00 Samstagabend, mit Achim Graul
19.00 - 21.00 Luxemburg 13 31
21.00 - 22.00 Happy Sound
22.00 - 01.00 Traumtänzer

Sonntag

07.00 - 08.00 Morgens um 7 ..., mit Günther Meyer
08.00 - 10.00 Heimatmelodie, mit Edy Hildebrandt
10.00 - 14.00 "Wünsch Dir was", mit Heinz Siebeneicher
14.00 - 18.00 "Bis es Euch gefällt". Für junge Leute, mit Michael Wirbitzki
18.00 - 19.00 "Nachgefragt", mit Geert Müller-Gerbes und Alfred Gertler
19.00 - 21.00 Luxemburg 13 31
21.00 - 22.00 Happy Sound
22.00 - 01.00 Traumtänzer

Montag - Freitag

05.30 - 09.00 Guten Morgen Deutschland, mit Olaf Pessler und Björn Schimpf
09.00 - 11.00 Ein Tag wie kein anderer, mit Jochen Pützenbacher
11.00 - 12.00 "Liederlotto", mit Biggi und Ulla
12.00 - 14.00 "Mahlzeit"
14.00 - 15.00 "Viva", mit Helga Guitton
15.00 - 16.00 "Prima", mit Thomas Germann
16.00 - 17.50 Musikduell, mit Thomas Ohrner
17.50 - 18.08 Sportshop, mit Benno Weber
18.08 - 19.00 "Ententanz", mit Achim Graul
19.00 - 21.00 Luxemburg 13 31
21.00 - 22.00 Happy Sound
22.00 - 01.00 Traumtänzer

Freitag

wie Mo. - Fr., jedoch

21.00 - 23.00 Happy Sound
23.00 - 01.00 Bonnfetti

(Quelle: HÖRZU)
 
1992 bis ca. 1996 RTL Radio - Der Oldie-Sender.

Den Oldie-Schänder gabs zehn Jahre lang. Von 1992-2002.

Da das Durchschnittsalter der RTL-Hörer in dieser Zeit kontinuierlich stieg und kaum jüngere Hörer nachkamen, wurde das Format im Dezember 2002 zu Soft-AC geändert.
Neuer Claim war "Die besten Hits mit Gefühl", später dann "Die besten Hits aller Zeiten".

Zum 1. Juli 2015 wurde die Produktion des deutschen Programms in Luxemburg mangels Rentabilität komplett beendet, seither läuft auf den Frequenzen ein Derivat des Berliner 104,6 RTL.
 

Steht doch oben. Ein Format im engeren Sinne gabs vor 1990 nicht, am ehesten hätte damals MOR (= Middle of the road) zugetroffen.

Nur war das Programm vor 1990 halt richtig teuer, die Werbeeinnahmen gingen ab 1986 mit dem Privatradio-Start in D aber massiv zurück und die Zeit der Mittelwelle war auch vorbei.
Also wurde mit Arno Müller ein neuer PD nach Lux geholt, der dann mal so richtig aufräumen durfte.

Nachdem er damit fertig war, durfte er zur Belohnung die Berliner RTL-Station aufbauen. Und dort ist er bis heute PD.
 
Zu Oldiesender - Zeiten hatte man immerhin eine scharfe Abgrenzung: Mindestens 15 Jahre alt muss ein Oldie sein. So wurde zu Beginn eines jeden Jahres der jeweils nachrückende Oldie - Jahrgang groß zelebriert. Obwohl ich damals schon dem alten Radio Luxemburg nachtrauerte, fand ich diese Praxis ganz nett und schaltete auch öfter ein.
 

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