AW: Mitschnitt vom Ende des DDR-Rundfunks gesucht
Nun, im Ausgangsbeitrag war konkret nach drei Sachen gefragt, von denen eine inzwischen im Umlauf ist (her übrigens mit den angekündigten Ausschnitten, denn die Abschiedsworte von Alfred Eichhorn kenne ich bisher nur vom Hörensagen; man sagt, sie seien gut und treffend gewesen). Sendegebiet des ORB war ansonsten schlicht und einfach Brandenburg, was die Übernahme der Berliner Frequenzen von Radio DDR 1, Radio DDR 2 / Sender Potsdam, Sender Frankfurt und DT64 einschloß.
Ich würde mich nicht an der DDR hochziehen, nur weil der Rundfunk der DDR zum 03.10.1990 in „Einrichtung nach Artikel 36 des Einigungsvertrags“ umbenannt wurde. Normale Menschen sprachen ab diesem Zeitpunkt vom „Funkhaus Berlin“, wobei das die Landessender ausschließt, die so wiederum schon im Frühjahr 1990 geschaffen wurden. Ganz so einfach ist die Sache also nicht, und m.M.n. muß man die Praxis, einen Verwaltungsakt als Nationalfeiertag zu begehen (...das müssen Deutsche sein...), nicht auch noch mit solchen Haarspaltereien weiter kultivieren (Tschulljung).
Vielleicht sollte man aber mal die Ereignisse darstellen, um zu verdeutlichen, daß es das Ende nicht gab. Ggf. erforderliche Korrekturen sind ausdrücklich erbeten:
Mai 1990 (wann genau?)
Einstellung von Radio DDR 2, Ersatz durch neu ganztägige Belegung der betreffenden Frequenzen durch die bisherigen, jetzt zu eigenständigen Landessendern aufgewerteten Regionalsender Dresden, Weimar, Magdeburg, Rostock und Potsdam, ggf. mit Programmteilen aus anderen bisherigen Regionalsendern (konkret bekannt wären mir Sendungen aus Cottbus bei Antenne Brandenburg).
Einschub: Mir wurde mal zugeflüstert, daß DS Kultur zu 80 Prozent oder so aus Radio DDR 2 bestand, mithin eigentlich der Deutschlandsender eingestellt wurde.
02.10.1990
Einstellung von Radio Berlin International. Um 24.00 Uhr harte Umschaltung der laufenden Kurzwellensendungen zur Deutschen Welle, wahrscheinlich gleichzeitig (andere Quellen meinten, das wäre erst einige Stunden später geschehen) Aufschaltung des DLF auf den bisherigen RBI-Mittelwellen 1359 und 1575 kHz, interessanterweise mit hörbarer Verzögerung gegenüber den Frequenzen BRD-alt und Westberlin-alt.
31.12.1991
1.) Radio Aktuell (ehem. Radio DDR 1): Einstellung um 24.00 Uhr. Umschaltung der Frequenzen zu diesem Zeitpunkt wie folgt: Brandenburg = Antenne Brandenburg, ab 6.00 Uhr dann ORB-Programm Radio Brandenburg (Nalepastraße E-T; genutzter K-Raum bis jetzt nicht eindeutig geklärt); Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen = MDR Kultur (Leipzig, Springerstraße); Mecklenburg-Vorpommern = NDR 3 (Übernahme bestehendes Programm aus Hamburg).
2.) DS Kultur (ehem. Stimme der DDR): Nahtlose Weiterführung, jedoch um oder gegen 24.00 Uhr entgegen anderslautenden Vereinbarungen Umschaltung von UKW Sachsen zum DLF (diese Nacht- und Nebelaktion ist angeblich von Kurt Biedenkopf persönlich verfügt worden).
3.) Berliner Rundfunk: Studiotechnisch vermutlich nahtlose Fortsetzung des Sendebetriebs, jedoch um 24.00 Uhr Abschaltung aller Frequenzen außer Berlin 91,4 MHz wie folgt: UKW Brandenburg = wie 1.); UKW Sachsen-Anhalt und Thüringen = MDR Life (Leipzig, Springerstraße); UKW Mecklenburg-Vorpommern = NDR 2 (Übernahme bestehendes Programm aus Hamburg); MW 693 kHz = Antenne Brandenburg (das könnte aber evtl. schon im Laufe des Jahres 1991 geschehen sein).
4.) DT64: Studiotechnisch sowie für UKW Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nahtlose Fortsetzung des Sendebetriebs. UKW Brandenburg: Um 24.00 Uhr Umschaltung zu Antenne Brandenburg, ab 6.00 Uhr Aufschaltung „Rockradio B“, das bis auf wenige Programmfenster (Nalepastraße E-T, Nutzung K-Raum bisher nicht eindeutig geklärt) eine Übernahme von DT64 darstellte. UKW Mecklenburg-Vorpommern: Um 24.00 Uhr Stillegung der Sender für mehr als ein Jahr (bis zum Sendestart von Antenne MV).
30.06./01.07.1992
DT64: Um 24.00 Uhr Stillegung der UKW-Sender in Sachsen-Anhalt und Thüringen für ca. zwei Monate bzw. rund ein halbes Jahr (bis zum Sendestart von Radio SAW bzw. Antenne Thüringen). UKW Sachsen: Wiederau 102,9 MHz Abschaltung gegen 0.05 Uhr (!), Dresden 102,4 MHz Modulation um 23:59:56 Uhr abgeschaltet, hier bis zum Sendestart von Radio PSR um 12.00 Uhr durchlaufender Träger nicht bestätigt, aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. MW 1044 kHz: Ca. 00:00:30 Uhr Aufschaltung Sendesignal DT64, offenbar über Schaltraum Springerstraße (Leipzig).
Rockradio B: Ende der Übernahmen von DT64 um 19.00 Uhr, ab diesem Zeitpunkt Übernahme von Radio 4U bis zu dessen Einstellung (ab dann durchgehende Sendeabwicklung aus E-T).
01.03.1993
Um 9.00 Uhr Aufschaltung DT64 auf Satellit Astra 1B; gesonderter Sendeausgang, da für Sendeleitung 1044 kHz improvisiertes Audioprocessing im Einsatz war (Kompressor und Equalizer auf Tisch neben Pult im K-Raum, mit fliegenden Strippen in den Signalweg eingeschleift), Zuführung über R15K zum NDR Hamburg, von dort Weiterleitung zum Uplink.
30.06.1993
Um 24.00 Uhr durch Schaltraum Springerstraße Leipzig Umschaltung 1044 kHz von DT64 zu MDR Info.
Im Laufe des Jahres 1993 (wann genau?)
Ende des Sendebetriebs von Fritz (ehem. Rockradio B; zwischenzeitlich unter konzeptioneller Neuausrichtung umbenannt) aus der Nalepastraße, Ersatz durch Studios in hergerichteten Räumlichkeiten in Potsdam-Babelsberg.
31.12.1993/01.01.1994
Um 24.00 Uhr Ende des Programms von DS Kultur (mit Beatles-Titel „A Day in the Life“), anschließend vermutlich Durchleitung Sendesignal ehem. RIAS, telekomseitige Umschaltung der Sendeleitungen erst danach (wenngleich zumindest teilweise innerhalb von Sekunden).
Ab einem bestimmten Zeitpunkt lief DS Kultur auch über DSR, Zuführung über R15K (Westterminologie), sprich analog.
1994 (wann genau? – ich bin mir ziemlich sicher, daß es tatsächlich nicht schon 1993 geschah)
Umzug von Radio Brandenburg in Studios, die in einer Baracke des ehem. DEFA-Kostümfundus in Potsdam-Babelsberg eingerichtet wurden.
Damit endete dann der Sendebetrieb aus der Nalepastraße. Einige Jahre später scheiterten Bemühungen, eine Tonsignalleitung zur Überspielung im Block A produzierter Beiträge zu reaktivieren, die Ursachen dafür lagen aber weder in der Nalepastraße noch bei der Telekom.
Und eigentlich müßte man von allen hier genannten Ereignissen Mitschnitte sammeln ...